Die Langton-Ameise – Wie Dir ein einfaches Computermodell die Angst vor der KI nehmen und zugleich ein grundlegendes Lebensprinzip aufzeigen kann

Hinweis: Bei diesem Beitrag handelt es sich um die schriftliche Version eines Videobeitrags, welchen wir auf Youtube veröffentlicht haben. Unser Video, in welchem das Computermodell visualisiert wird, findest du auch unter dem Text.

Es häufen sich Beiträge von ehemaligen KI-Entwicklern, die etwa vor der Unkontrollierbarkeit der KI warnen. Dieser Eindruck kann jedoch nur entstehen, wenn ein Entwickler zwar programmieren kann, jedoch die grundlegende Mathematik nicht verstanden hat. Auch Alex hatte in seiner Jugend bereits programmiert und erst danach seine Begeisterung für Mathematik entdeckt und während er grundlegende Algorithmen für das, was man heutzutage KI nennt, entwickelte, festgestellt, dass nur wenige in der Lage sind zu verstehen, wie ein digitales System tatsächlich aufgebaut ist und wo seine Grenzen sind.

Die Langton-Ameise ist eine im Jahre 1986 durch den theoretischen Biologen Christopher Langton (*1949) entwickeltes Computermodell eines primitiven Organismus. Das zugrundeliegende Prinzip ist auch für Nichtfachleute – insbesondere auch für Kinder – leicht verständlich: Die „Welt“ der Langton-Ameise besteht aus einer theoretisch unendlich großen Fläche aus quadratischen Spielfeldern, welche schwarz oder weiß gefärbt sein können. Zu Beginn wird die Ameise auf ein beliebiges Feld gesetzt und in eine der vier möglichen Richtungen gedreht. In jedem Spielzug dreht sich die Ameise, wenn sie auf einem weißen Feld steht, nach rechts, auf einem schwarzen nach links. Nun kehrt sie die Farbe des Feldes, auf welchem sie sich befindet, um, und bewegt sich sodann in der Richtung in die sie zeigt ein Feld weiter.

Das System lässt also keinen Raum für Zufälligkeiten – bei gegebener Anfangsfärbung der Felder sowie Startposition und Startrichtung der Ameise ist für alle zukünftigen Spielzüge die Farbe jedes Feldes sowie Position und Richtung der Ameise genau vorherbestimmt und das System verhält sich bei Neustart des Spiels exakt identisch. Dennoch kann das Verhalten nicht durch eine einfachere Rechenvorschrift vorhergesagt werden – die einzige Möglichkeit, herauszufinden, wo sich die Ameise nach einer bestimmten Anzahl von Spielzügen befinden wird und wie die einzelnen Spielfelder gefärbt sein werden, besteht darin, das Spiel laufen zu lassen, bis diese Anzahl an Zügen erreicht wird.

Die Langton-Ameise macht den wesentlichen Unterschied zwischen Vorherbestimmtheit und Vorhersagbarkeit greifbar. Es zeigt auf, dass ein Vorgang auch dann nicht zwangsläufig vorhergesagt werden kann, wenn er exakt bis in alle Einzelheiten vorherbestimmt ist. Dies erklärt unter anderem, warum eine sog. KI sich lebendig und individuell zu verhalten scheint.

Und wenn dies bereits für einen solch einfachen und in sich geschlossenen, digitalen Prozess wie die Langton-Ameise der Fall ist, was könnte das für die komplexen und hochgradig vernetzten Vorgänge in der Natur bedeuten?

Die Langton-Ameise weist ein bemerkenswertes Verhaltensmuster auf: Für den Fall, dass zu Beginn alle Spielfelder weiß sind, erzeugt sie in den ersten 104 Zügen symmetrische Figuren und beginnt sodann, ein völlig chaotisches, sich ausbreitendes Bild zu erzeugen. Nach ca. 10000 Zügen beginnt sie plötzlich, eine geordnete, regelmäßige Struktur zu zeichnen, welche sich unendlich fortsetzt.

Niemand würde vermuten, dass und wann dem chaotischen, ein geordnetes Verhalten folgt.

Hier wird ein fundamentales Naturprinzip veranschaulicht, welchem letztenendes alle Entwicklungsvorgänge folgen: zwischen zwei geordneten Zuständen wird stets eine Phase des Chaos durchlaufen. In der Mathematik und Nachrichtentechnik ist dieses Prinzip wohlbekannt – weniger bekannt ist jedoch, dass es sich auf alle Lebensbereiche übertragen lässt. Eine Raupe etwa (Ordnung) löst sich in der Verpuppung vollständig auf (Chaos). Aus der amorphen Masse in der Puppe bildet sich dann schließlich ein Schmetterling (höhere Ordnung) heraus.

Kann es sein, dass Abläufe in Deinem Leben und Deiner Entwicklung ebenfalls dem Ordnung-Chaos-Ordnung-Schema folgen?

In der nachfolgenden Videoversion dieses Beitrags wird die Langton-Ameise visualisiert:

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